Obwohl ursprünglich nur zwei Teile zum Relative Age Effect geplant waren, kommt nun noch ein Dritter, der die Vereine international betrachtet. Teil 1 und 2 findet ihr unter den hinterlegten Links.
Zum Abschluss der Reihe zum Relative Age Effect wollte ich nun noch internationale Vereine betrachten. Dies stellte sich gar nicht mal so einfach heraus, da die Datenlage im Internet nicht besonders gut ist. Deshalb wirkt die Auswahl der hier untersuchten Vereine ziemlich willkürlich. Es sind schlichtweg diejenigen, bei denen Daten zu finden waren.1
The curious case of English discrepancy
Bereits im ersten Teil fielen die besonders guten Werte der englischen Liga sowie der englischen Jugendnationalmannschaften auf. Nun, im Zuge der Recherche zu diesem dritten Artikel, habe ich die Gründe für diese guten Werte gefunden. Die RAE-Werte der untersuchten Vereine waren nämlich derartig gut, – bei Arsenal war der Wert sogar positiv – dass ich stutzig wurde.
Es stellte sich heraus, dass im englischen Jugendfußball ein anderer Stichtag gilt.2 Nämlich der 01. September, der Tag der Einschulung. Somit erklärt sich, warum englische Teams international, wenn der internationale Stichtag 01. Januar gilt, alterstechnisch ausgewogene Kader benennen. Es werden schlichtweg, im Gegensatz zu anderen Nationen, zwei Jahrgänge berufen. Zum einen die später im Jahrgang geborenen des älteren Jahrgangs und die, vom Relative Age Effect profitierenden, Jugendspieler des zweiten Jahrgangs. Im Wert der Premier League gleichen sich englische Geburtsdaten und die Geburtstage der Legionäre aus.
Theoretisch müssten also englische Jugendteams, wenn man die Daten auf den britischen Stichtag anpasst, ähnliche Werte wie die Jugendteams der restlichen Länder aufweisen.
Der Vergleich
Es wurde, methodisch gleich zu den ersten beiden Teilen, die Verteilung der Geburtstage in der U19 bzw. A-Jugend der letzten acht Jahrgänge verglichen und in einem Diagramm dargestellt. Um die Ergebnisse der einzelnen Vereine vergleichen zu können, wurde die Steigung der in den Diagrammen enthaltenen Trendlinien übertragen und zur einfacheren Darstellbarkeit mit (-1) multipliziert. Ein hoher Wert steht also für einen hohen RAE.
Hierbei entstand folgende Grafik:
5 der hier untersuchten 13 Vereine weisen einen schlechteren und 7 einen besseren Wert als der Schnitt der Bundesliga auf. Es ist also keine Tendenz erkennbar, ob international besser auf den Relative Age Effect geachtet wird.
Auffällig ist jedoch, dass, im Gegensatz zur Mehrzahl der deutschen Vereine, alle hier untersuchten Vereine aus Italien und Spanien einen schlechteren RAE aufweisen, als die gleichaltrige Nationalmannschaft. Offenbar wird dort eher bei den Verbänden, als bei den Vereinen auf dieses Problem geachtet. Vor allem, da es sich bei Barcelona, Real Madrid und Atheltic Bilbao und auch bei Atalanta Bergamo, Inter und dem AC Mailand um die Hauptausbilder späterer Nationalspieler der jeweiligen Länder handelt. Warum dies bei englischen Vereinen grundsätzlich der Fall ist, wurde oben dargelegt.
Besonders bei Barcelona und Ajax Amsterdam ist dieser hohe Wert bedenklich, da beide Vereine sich eigentlich in der Vereinsphilosophie dem fairen Umgang mit Jugendspielern und dem Fokus auf technische Fähigkeiten, im Gegensatz zur Fokussierung auf körperliche Attribute, verschreiben.
Dies funktioniert besser bei Vereinen aus Frankreich, die hier jeweils, jedoch besonders Paris Saint-Germain, im Vergleich gute Werte aufweisen. Nicht umsonst gilt die französische Jugendausbildung in den letzten Jahren als eine der besten und die französische Nationalmannschaft als „im Kommen“. Auch deshalb spielen in der französischen Nationalmannschaft einige kleinere und/oder spät-im-Jahr-geborene Fußballer, wie z.B. Samuel Umtiti, Anthony Martial, Kylian Mbappé oder Thomas Lemar.
Fazit
Der Relative Age Effect ist also ausnahmslos bei jedem Verein, bei jeder Juniorennationalmannschaft und in jeder Liga nachweisbar. Selbst Vereine, die eigentlich für ihre gute Jugendarbeit bekannt sind, weisen teilweise hohe Werte auf. Es wird also insgesamt das vorhandene Potenzial in der Jugendausbildung deutlich. Dies ist auch besonders wichtig, um Dropouts zu reduzieren.
Lösungsidee
Aufgrund der Umstände der englischen Nationalmannschaften, kam ich auf eine Idee. Wie wäre es, Turniere unter unterschiedlichen Stichtagen stattfinden zu lassen? Quasi so, dass jedes Quartal einmal vom Relative Age Effect profitiert. Natürlich wäre dies nur möglich, wenn die Belastung der Jugendspieler nicht zunimmt, sondern allenfalls gleichbleibt. Grundsätzlich wäre aber so die Durchmischung der Jahrgänge möglich, und der einzelne Jugendspieler wäre abwechselnd der Älteste, der Mittlere und der Jüngste.
Natürlich bringt diese Option auch einige Nachteile mit sich, wie die mangelnde Eingespieltheit der Mannschaften und somit immer neue Mitspieler für den einzelnen Jugendspieler, an die er sich gewöhnen muss, und die erhöhten Anforderungen an die Trainer. Doch meiner Meinung nach könnte diese Idee grundsätzlich in Betracht gezogen werden.
1. Die Daten von
Athletic Bilbao wurden unter https://www.athletic-club.eus/en/team/2009-10/juniorsa-players.html,
vom FC Barcelona unter https://www.fcbarcelona.es/futbol/juvenil-a/ficha/fc-barcelona-juvenil-a-2017-2018,
von Paris Saint-Germain unter http://www.fussballzz.de/equipa.php?id=46633&epoca_id=140,
vom Olympique Lyon unter https://www.olweb.fr/en/academy/u19-players-staff-146.html?season=2012,
von Real Madrid unter http://www.livefutbol.com/equipos/real-madrid-a-junioren/2017/2/
von Sporting Lissabon unter http://www.fussballzz.de/equipa.php?id=6433&epoca_id=146
von Girondins Bordeaux unter http://ftp.girondinstv.com/matches/encyclopedie/equipes/2017/93.shtml
und der Rest unter https://www.transfermarkt.de/ abgerufen. (abgerufen am 25.03.2018)
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2. Unter „Qualification of players“ 8.(C), in http://www.thefa.com/~/media/files/thefaportal/governance-docs/rules-of-the-association/2016-17/037_standard-code-of-rules-youth.ashx (abgerufen am 25.03.2018)
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