Nachdem im letzten Artikel die Ballbesitzeffizienz und ihr Einfluss auf Sieg und Niederlage untersucht wurde, soll nun die andere Seite des Spiels betrachtet werden.1 Ich habe erneut die 306 Spiele der Saison 17/18 erfasst, um so 612 Datensätze zu erhalten.2 Hierzu verwende ich die Kennzahl „Vereitelungsindex“, die darstellen soll, wie häufig das gegnerische Team an einem erfolgreichen Offensivspiel gehindert wurde, indem, vereinfacht ausgedrückt, ein Quotient aus erfolgreichen Defensivaktionen und Defensivaktionen allgemein gebildet wird. Darüber hinaus sind die Trefferquote, die Ballbesitzeffizienz und auch die Geschwindigkeit des Spiels unabhängig von dieser Größe.
Korrelation zwischen Defensivaktionen und Punkten
Zunächst steht, analog zur Betrachtung im vorigen Artikel, die Frage im Raum, ob es, einen Zusammenhang zwischen der Anzahl Verteidigungsaktionen und der Punkte gibt. Überspitzt formuliert, ob die Mannschaft, die weniger verteidigen muss, auch höhere Chancen auf den Sieg hat. Denn davon wird zumindest oft ausgegangen. Allerdings zeigt sich, dass, mit einem Korrelationskoeffizient von -0,0424, der Zusammenhang quasi bei 0 liegt.
Im Gegensatz dazu liegt der Korrelationskoeffizient zwischen dem Vereitelungsindex und der Punktzahl bei 0,2056. Dies stellt zwar auch keinen eindeutigen Zusammenhang dar, aber dennoch ist dieser Wert, verglichen mit dem Korrelationskoeffizient zwischen der Ballbesitzeffizienz und den Punkten, ziemlich hoch. Erstaunlicherweise ergeben sich bei der Korrelation mit der Tordifferenz ähnliche Werte. Der Korrelationskoeffizient zwischen den Defensivaktionen und der Tordifferenz beträgt 0,0291 und der Korrelationskoeffizient zwischen dem Vereitelungsindex und der Tordifferenz 0,2335. Daraus lässt sich herleiten, dass die Effizienz der Defensive wichtiger ist als die reine Anzahl der Defensivaktionen. Gleichzeitig lässt sich auch hier erneut erkennen, wie stark Daten im Fußball rauschen.
Korrelation des Vereitelungsindex mit dem Tabellenplatz
Während im vorigen Absatz die Betrachtung des Einflusses der Kennzahl auf einzelne Spiele im Vordergrund stand, soll nun der langfristige Effekt dieser Kennzahl betrachtet werden. Hierzu werden die Saisondurchschnitte der einzelnen Teams betrachtet und mit der Tabellenposition verglichen. Die nachfolgende Tabelle zeigt die durchschnittliche Anzahl von Defensivaktionen, den Rang dieser und die Tabellenposition.
defPoss | Tabellenplatz | Rang_defPoss | |
---|---|---|---|
FCB | 134.558824 | 1 | 18 |
S04 | 146.176471 | 2 | 14 |
TSG | 158.911765 | 3 | 4 |
BVB | 142.382353 | 4 | 15 |
LEV | 152.176471 | 5 | 8 |
RBL | 161.764706 | 6 | 2 |
VfB | 151.294118 | 7 | 9 |
FRA | 156.823529 | 8 | 5 |
GLA | 149.117647 | 9 | 11 |
HBB | 147.823529 | 10 | 12 |
WER | 147.5 | 11 | 13 |
FCA | 154.147059 | 12 | 7 |
H96 | 165.823529 | 13 | 1 |
M05 | 155.647059 | 14 | 6 |
SCF | 141.529412 | 15 | 16 |
VfL | 139.852941 | 16 | 17 |
HSV | 161.5 | 17 | 3 |
1.FC | 150.323529 | 18 | 10 |
Hierbei ergibt sich ein Rangkorrelationskoeffizient von -0,1352. Ein wirklicher Zusammenhang zwischen der Anzahl der Defensivaktionen und dem Gewinnen lässt sich, nachdem der Zusammenhang mit Punkten auch widerlegt wurde, nicht annehmen. Außerdem soll der Vereitelungsindex mit der Tabellenposition verglichen werden.
Vereitelungsindex | Tabellenplatz | Rang_Index | |
---|---|---|---|
FCB | 0.58501825 | 1 | 6 |
S04 | 0.58958997 | 2 | 4 |
TSG | 0.59148612 | 3 | 3 |
BVB | 0.56584268 | 4 | 17 |
LEV | 0.57223762 | 5 | 13 |
RBL | 0.6069106 | 6 | 1 |
VfB | 0.58497059 | 7 | 7 |
FRA | 0.58224567 | 8 | 9 |
GLA | 0.5832762 | 9 | 8 |
HBB | 0.59149338 | 10 | 2 |
WER | 0.56971492 | 11 | 14 |
FCA | 0.57516288 | 12 | 11 |
H96 | 0.58660207 | 13 | 5 |
M05 | 0.57469932 | 14 | 12 |
SCF | 0.56904773 | 15 | 15 |
VfL | 0.57617016 | 16 | 10 |
HSV | 0.55441287 | 17 | 18 |
1.FC | 0.5664586 | 18 | 16 |
Es ergibt sich ein Rangkorrelationskoeffizient von 0,5129. Daraus folgt ein Bestimmtheitsmaß von 0,2631. Es lassen sich also 26,31% der Abweichungen in der Tabellenposition durch die Abweichungen des Vereitelungsindex erklären. Dies ist bedeutend weniger als die 51,74% der Ballbesitzeffizienz. Es kann also angenommen werden, dass die Ballbesitzeffizienz über eine Saison gesehen wichtiger ist, als ein guter Vereitelungsindex. Wohingegen der Vereitelungsindex scheinbar einen im Vergleich größeren Einfluss auf ein Einzelspiel hat. Es soll allerdings nicht vorenthalten werden, dass der höchste Wert zwischen einer Variablen und der Abschlussposition in der Tabelle die Abschlussquote aufweist. Die nachfolgende Tabelle verdeutlicht dies.
Abschlussquote | Tabellenplatz | Rang_Abschlussquote | |
---|---|---|---|
FCB | 0.16632979 | 1 | 1 |
S04 | 0.16503153 | 2 | 2 |
TSG | 0.15024702 | 3 | 3 |
BVB | 0.13819436 | 4 | 5 |
LEV | 0.11460846 | 5 | 10 |
RBL | 0.11557337 | 6 | 9 |
VfB | 0.11861049 | 7 | 7 |
FRA | 0.12253244 | 8 | 6 |
GLA | 0.11712791 | 9 | 8 |
HBB | 0.14683335 | 10 | 4 |
WER | 0.08270746 | 11 | 17 |
FCA | 0.09343259 | 12 | 16 |
H96 | 0.1029114 | 13 | 13 |
M05 | 0.09585077 | 14 | 15 |
SCF | 0.09644944 | 15 | 14 |
VfL | 0.10378716 | 16 | 12 |
HSV | 0.06592282 | 17 | 18 |
1.FC | 0.1064972 | 18 | 11 |
Hier beträgt der Rangkorrelationskoeffizient 0,7977, was einem Bestimmtheitsmaß von 0,6364 entspricht. So banal es klingt, beinahe zwei Drittel der Tabellenpositionen werden durch die Fähigkeit Tore zu schießen erklärt. Dies unterstreicht in meinen Augen die taktische Komponente, die einem erfolgreichen Torabschluss zugrunde liegt. Die Taktik vieler Mannschaften beruht derzeit darauf sich bei einem etwaigen Führungstreffer zurückzuziehen und den Gegner kommen zu lassen. Hat dieser nun eine geringe Ballbesitzeffizienz oder man selbst weist einen hohen Vereitelungsindex auf, so sollte die Wahrscheinlichkeit auf den Sieg steigen. Die Ballbesitzeffizienz und der Vereitelungsindex scheinen also, neben des eigenen und des gegnerischen Ballbesitzes, auch von der Abschlussquote abhängige Variablen zu sein.
Quartilseinteilung
Um diese These nun zu untersuchen, habe ich die Datensätze in 5 ungefähr gleich große Quartile eingeteilt. Hierbei habe ich die Defensivaktionen verwendet. Die 122 Spiele mit den meisten Defensivaktionen sind beispielsweise im oberen Quartil (rot) und die 122 Spiele mit den wenigsten Defensivaktionen im unteren Quartil (dunkelgrün).
Diese Verteilung verrät einiges über den Spielstil der einzelnen Mannschaften. Grob gesagt, lässt sich die Liga in 3 Gruppen einteilen. Die erste Gruppe sind Teams, die eher wenige Defensivaktionen aufweisen, die aber trotz, oder gerade deswegen, sich am unteren Ende der Tabelle befinden. Dazu das Mittelfeld der Tabelle, welches tendenziell einen hohen Fokus auf das Verteidigen aufweist. Und die Topteams der Liga, wie der FC Bayern, Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen, RB Leipzig und Borussia Mönchengladbach, die weniger Defensivaktionen ausgesetzt waren. Der große Ausreißer ist Schalke 04, welcher mit einer defensiven Spielweise Vizemeister wurde.
Durch die Anwendung der Korrelation zwischen verschiedenen Variablen, soll nun untersucht werden, ob die Anzahl der Defensivaktionen Einfluss auf diese Variablen hat.
PrevIndex vs GDiff | PrevIndex vs GF | PrevIndex vs GA | |
---|---|---|---|
1. Quartil | 0.27554257 | 0.17924875 | -0.25129658 |
2. Quartil | 0.22505334 | 0.23529335 | -0.07984953 |
3. Quartil | 0.18918843 | 0.03784436 | -0.24495363 |
4. Quartil | 0.23715919 | 0.02801183 | -0.3019327 |
5. Quartil | 0.3610036 | 0.15283969 | -0.38345986 |
Im Gegensatz zum Raster der Ballbesitzeffizienz bleibt der Zusammenhang zwischen dem Vereitelungsindex und der Tordifferenz und der Anzahl gegnerischer Tore nahezu gleich. Vor allem der große Sprung der Ballbesitzeffizienz im letzten Quartil lässt sich beim Vereitelungsindex nicht beobachten.
Fazit
Auf ein einzelnes Spiel bezogen, stellt der Vereitelungsindex einen besseren Indikator für die Siegwahrscheinlichkeit dar, als die Ballbesitzeffizienz. Über eine Saison gesehen, ist das Gegenteil der Fall. Zudem lässt sich keine Einteilung in einzelne Gruppen mit unterschiedlicher Anzahl von Defensivaktionen bilden, die den Zusammenhang zwischen Defensivaktionen, Vereitelungsindex und Tordifferenz genauer erklären würden.
1. http://analysemithirn.de/2018/10/07/gewinnt-ballbesitzeffizienz-spiele/
↩(abgerufen am 11.11.18)
2. Alle Daten von https://www.whoscored.com/Regions/81/Tournaments/3/Seasons/6902/Germany-Bundesliga
↩(abgerufen am 11.11.18)