Es ist eine altbekannte Phrase: Um die Champions League zu gewinnen braucht man (Los-)Glück. Daher hat mich interessiert, welche Mannschaft denn eigentlich in der KO-Phase den leichtesten Weg zum Champions League-Triumph bzw. ins Finale hatte.
Die Champions League ist ein vergleichsweise ziemlich junger Wettbewerb, der 1992 gegründet wurde und aus dem Europapokal der Landesmeister hervorgeht. Die ersten Spielzeiten 92/93 sowie 93/94 kann ich hierbei nicht berücksichtigen, da damals noch keine, mit der heutigen vergleichbare, KO-Runde ausgespielt wurde. Von 1994 bis 2002 wurde diese jeweils mit einem Viertelfinale begonnen. Seither startet diese Runde mit einem Sechzehntel-Finale.1
Um diesen Weg bis ins Finale bewerten zu können, bediene ich mich – wie immer – bei meinem Lieblingsbewertungssystem, dem Elo-Rating.2 Ich habe also von jeder gegnerischen Mannschaft der beiden Finalteilnehmer am Tag vor dem Hinspiel das entsprechende Elo-Rating abgetragen und den Durchschnitt berechnet. Wer hatte jetzt also den schwierigsten Weg?
Saison | Team | Ø-Elo-Rating |
---|---|---|
15/16 | Atlético Madrid | 2060 |
13/14 | Atlético Madrid | 2010 |
16/17 | Juventus Turin | 1986 |
16/17 | Real Madrid | 1980,33 |
13/14 | Real Madrid | 1975,33 |
14/15 | Juventus Turin | 1971 |
12/13 | Borussia Dortmund | 1969,33 |
11/12 | FC Chelsea | 1956,67 |
12/13 | FC Bayern München | 1955,33 |
08/09 | FC Barcelona | 1939,33 |
Den schwierigsten in ein Finale hatte also zweimal Atlético Madrid, um dann zweimal im Stadtduell am „Angstgegner“ zu scheitern. Auf den Plätzen 3 & 4 ist das diesjährige Finale zwischen Real Madrid und Juventus Turin. Allgemein ist auffällig, dass, abgesehen von Barcelona 2009, alle aus diesem Jahrzehnt sind. Zum Vergleich hierzu also die einfachsten Wege:
Saison | Team | Ø-Elo-Rating |
---|---|---|
96/97 | Juventus Turin | 1763,67 |
94/95 | Ajax Amsterdam | 1766,67 |
97/98 | Juventus Turin | 1775 |
98/99 | FC Bayern München | 1796,67 |
95/96 | Juventus Turin | 1809,33 |
94/95 | AC Milan | 1823 |
95/96 | Ajax Amsterdam | 1828 |
02/03 | AC Milan | 1830,67 |
96/97 | Borussia Dortmund | 1838,67 |
04/05 | AC Milan | 1841,67 |
Auch hierbei ist auffällig, dass 8 von 10 Serien vor die Jahrtausendwende fallen. Daher wollte ich rausfinden, ob es sich hierbei um einen allgemeinen Trend handelt.
Und tatsächlich: Der Trend der durchschnittlichen Gegnerstärke zeigt klar nach oben. Es wird also immer schwieriger, die Champions League zu gewinnen. Dies deckt sich mit meinem subjektiven Eindruck, dass sich die Spitze des europäischen Vereinsfußballs immer mehr verdichtet. Zudem ist damit zu rechnen, dass sich dieser Trend in der Zukunft fortsetzt, durch die Verabschiedung der Reformen zur Saison 18/19.3 Ab dieser Saison haben die vier besten europäischen Ligen vier Startplätze in der Champions League sicher und stattdessen werden nur noch sechs statt zehn Startplätze über die Qualifikation vergeben.4 Es wird also insgesamt für die Teams aus schwächeren Ligen schwerer, sich für die Champions League zu qualifizieren.
Dann hat mich noch interessiert, ob man daraus etwas prognostizierend ableiten kann. Kann man nicht.
Zu 47,83% hat die bessere Mannschaft das Finale gewonnen, was durchaus überrascht, da man sicherlich einen Wert über 50% erwarten würde. Allerdings hat zu 52,17% die Mannschaft mit dem leichteren Programm das Finale gewonnen. Es zeigt sich hierbei wieder einmal, dass in einem einzigen Spiel die Sample Size zu klein ist.5
Daher wollte ich jetzt zumindest wissen, was denn die größten Überraschungen in einem Finale der Champions League waren. Hierzu habe ich einen Quotienten aus der Wertung des unterlegenen Teams durch die Wertung des siegreichen Teams gebildet.
Saison | Team | Upset-Quotient |
---|---|---|
97/98 | Real Madrid | 1,083 |
04/05 | FC Liverpool | 1,054 |
96/97 | Borussia Dortmund | 1,047 |
11/12 | FC Chelsea | 1,046 |
02/03 | AC Milan | 1,040 |
94/95 | Ajax Amsterdam | 1,039 |
99/00 | Real Madrid | 1,028 |
08/09 | FC Barcelona | 1,026 |
00/01 | FC Bayern München | 1,019 |
98/99 | Manchester United | 1,009 |
95/96 | Juventus Turin | 1,006 |
06/07 | AC Milan | 1,002 |
09/10 | Inter Mailand | 0,998 |
07/08 | Manchester United | 0,994 |
03/04 | FC Porto | 0,991 |
01/02 | Real Madrid | 0,988 |
15/16 | Real Madrid | 0,962 |
13/14 | Real Madrid | 0,962 |
05/06 | FC Barcelona | 0,959 |
10/11 | FC Barcelona | 0,950 |
12/13 | FC Bayern München | 0,946 |
16/17 | Real Madrid | 0,944 |
14/15 | FC Barcelona | 0,934 |
Allgemein zeigt sich, dass in einem Champions League-Finale die Stärke beider Kontrahenten ziemlich ausgeglichen ist. Der größte Upset in der Geschichte ist also der Triumph Real Madrids gegen Juventus Turin 1998. Auch der Sieg Dortmunds im Jahr zuvor, die Aufholjagd des FC Liverpool 2005 und die Heimniederlage des FC Bayern Münchens gegen den FC Chelsea sind hier oben dabei. Also all jene Finales, die ich auch subjektiv dort vermutet hätte.
Bei den am meisten überlegenen Siegern taucht, wie erwartet, vielmals die jetzige Ära des FC Barcelona auf. Aber auch die „Revanche“ der Bayern und das diesjährige Finale Real Madrids gegen Juventus Turin.
Fazit
Aus dem Weg bis ins Finale lassen sich keine Rückschlüsse auf den Sieger eines solchen in der Champions League ziehen. Dafür sind die Mannschaften in der Spitze zu nah beieinander. Deshalb gewinnt auch nicht häufiger die bessere Mannschaft. Interessant ist allerdings, dass das Programm bis in ein Finale immer schwieriger wird, da sich die europäische Spitze immer mehr verdichtet. Schließlich werden durch die CL-Einnahmen die reichen Klubs immer reicher und setzen sich so immer weit von ihren nationalen Ligen ab.
1. https://de.wikipedia.org/wiki/UEFA_Champions_League#Geschichte_2 (abgerufen am 19.11.2017)
↩
2. http://clubelo.com/ (abgerufen am 19.11.2017)
↩
3. http://de.uefa.com/uefachampionsleague/news/newsid=2399225.html (abgerufen am 19.11.2017)
↩
4. http://www.kicker.de/news/fussball/chleague/startseite/658995/artikel_ab-2018-vier-bundesligisten-in-der-cl-gruppenphase.html (abgerufen am 19.11.2017)
↩
5. https://de.wikipedia.org/wiki/Gesetz_der_gro%C3%9Fen_Zahlen (abgerufen am 19.11.2017)
↩